Ein Augenblick, der bleibt.

Ein Gastbeitrag von Manfred Kraus zum Heimspiel gegen Freiburg


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Es ist kalt. Der frühe Dezember hat eine geschlossene Schneedecke auf das Allgäu gebreitet. Eishockeywetter im jungen Advent. Die Hürden aber sind hoch für einen Stadionbesuch in den Zeiten von Corona und Covid – geimpft oder genesen muss man sein, dazu über einen zertifizierten Antigentest verfügen, das ganze Spiel über eine Maske tragen und obendrein auch noch eine Dauerkarte besitzen.

Kein Wunder, dass nur noch 329 Getreue den steinigen Weg in die Arena finden, die ohnehin bloß zu einem Viertel ausgelastet sein dürfte. Vor Augen eine Partie, die auf den ersten Blick einem Geisterspiel gleicht. Jede Puckberührung hallt in der Leere des Stadions, jeder Ruf ist vernehmbar, wo für gewöhnlich die Hütte lichterloh brennt. Nach vollen Rängen sehnt sich das Eishockeyherz. Stattdessen steht die Kälte einer neuerlichen Eiszeit vor der Tür. Die Partie gegen Freiburg wird für lange die letzte vor Publikum sein, denn schon für den folgenden Tag hat die bayerische Staatsregierung alle Stadien und Hallen bis auf Weiteres gänzlich gesperrt.

Ernüchternd ist das und das Eishockeyherz blutet, der Abschied aber wird zum Erlebnis, bei dem der Funke erst gar nicht überzuspringen braucht. Er glüht in dem Häuflein der Aufrechten, die leidenschaftlich mit ihren Rotgelben fiebern. In der verwaisten Heimkurve singt sich ein wackeres Dutzend gar die Seele aus dem Leib. Wer nicht kommen konnte, drückt von daheim aus die Daumen. An einem Abend, dessen Unvorstellbarkeit noch vor zwei Wintern dem Reich blühender Phantasie angehört hätte.
Die Mannschaft gibt alles. Auch wenn nicht alles gelingt. Sie rackert, sie wirft sich in die Schüsse, beißt sich immer tiefer hinein in das Spiel. Geht in Führung. Torjäger Sami Blomqvist schiebt die geistreiche Vorarbeit von Branden Gracel und Markus Lillich überlegt in die Maschen. Keeper Stefan Vajs hält seinen Laden dicht. Die jungen Wilden machen den Sack Minuten vor dem Ende in Unterzahl zu. Überlegt passt Philipp Krauss in den Slot, wo Markus Schweiger nicht lange fackelt. Ein Traumtor. Zwei null. Da brennt nichts mehr an. Die Uhr tickt herunter. Da können die Wölfe noch so laut heulen. Sie fahren mit leeren Hände heim ins Breisgau. Drei wichtige Punkte bleiben an der Wertach. Man kann sie dort bestens gebrauchen. Rotgelbes Aufatmen.

Dann die Ehrenrunde der Mannschaft. Sie gerät zu einem Augenblick, der bleibt. Trotz der spärlich besetzten Tribünen. Oder vielleicht auch deswegen. Die Spieler wirken erleichtert. Sie winken den 329 Unentwegten, die stehend applaudieren. Ein berührender Augenblick, der seinen Platz finden wird in der traditionsreichen Geschichte des ESV Kaufbeuren. Ein Hauch von Abschied hängt in der Luft, von Wehmut. Aber auch eine Kraft, die ihn seit jeher trägt, den Eissportverein aus dem Allgäu. Und eine Botschaft: Wir werden sie überwinden, diese eisigen Zeiten, die hart sind und es mit vielen nicht gut meinen. Auch nicht mit einem Eissportverein. Es heißt durchzuhalten bis zu jenem Tag, an dem sie wieder lichterloh brennt, die Hütte, weil alle dabei sein können, die zu ihm stehen. Rot und gelb, das ist und das bleibt man. Ein Leben lang.

Von Manfred Kraus, Apfeltrach

Foto: Benjamin Czeschlick

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